Was sie miteinander zu tun haben? Sie bieten mir die Grundlage für ein verständliches Bild:
„Hallo Frau Doktor, ich habe eine Schilddrüsenunterfunktion.“
„Super, dann behandele ich Sie mal, hier sind Ihre Tabletten. Danach wird alles besser.“
Ähm…bitte nicht.
Nun das andere Bild:
„Hallo Beraterin, wir brauchen einen Workshop zu Mindest und Unternehmenskultur.“
„Klar, 2.000 Euro – na logo. Danach wird alles besser.“
Ähm…genauso wenig.
…der Titel ist also nicht so weit hergeholt: Es geht um Symptomsuche im Internet, zum Arzt gehen und sagen: „Ich habe eine Schilddrüsenunterfunktion“ anstatt hinzugehen und zu sagen „Ich nehme zu, habe brüchige Nägel, bin total erschöpft und antriebslos.“
Nun kommt aber die Ärztin dazu und bringt Expertise, Lernen und Erfahrung zusammen und macht notwendige Tests, um ihre Vermutungen zu bestätigen, zu widerlegen – das kommt ja ganz drauf an. Manches kann bestätigt werden, manch anderes nur ausgeschlossen und so kann man sich der Ursache ebenso nähern. Und wenn alles ausgeschlossen ist, schauen wir mal auf Ernährung, Vitamine und Schlaf.
Es kommt eben darauf an.
Nun erlebe ich es zu häufig, dass (potenzielle) Kund:innen auf mich zukommen und sagen „So, wir haben mit sieben Führungskräften nun zwei Mal einen halben Tag eine Klausur gemacht und kennen die Ursache. Mach mal bitte einen Workshoptag zu den Themen „Unternehmenskultur und Mindset“. Dass ich dabei nicht laut auflache, ist meine Challenge für 2023.
Meine Contenance hält aber nur bis zu dem nachgeschobenen Satz „Ach ja, für 2.000 Euro, bitte.“
Dass das Einsperren dieser Führungskräften für 8 Stunden zirka 4.083,33 Euro kostet, wäre ja vielleicht ok, wenn dabei ein echtes Ergebnis rauskommen würde. Aber wie kann es, wenn sie keine Expertinnen und Experten sind für die Themen, die sie lösen müssen? (Dunning-Kruger-effect at it’s best!)
Wir Berater:innen sind diejenigen, die die Expertise und Erfahrung mitbringen, um die Organisation anzuschauen und – im besten Fall – Kulturen zu betrachten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können selten gut ÜBER etwas sprechen, IN dem sie stecken. Und Kulturen kann man per se nicht selbst beschreiben. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können beschreiben, wie es sich anfühlt und ggf. sogar Glaubenssätze benennen, die zu bestimmtem Verhalten führen. Auch Berater können keine Kulturen sehen, man sieht Auswirkungen, und es gibt wenige Möglichkeiten, sie zu analysieren. Aber es geht, wenn man darin geschult ist und die richtigen Thesen aufwirft. Und bitte nicht auf (digitalen) Whiteboards.
Schmerzen können beschrieben werden, wir Beraterinnen können die Ursachen finden und etwas bewegen, Impulse setzen. Dann wird es erstmal anders. Besser? Sicher, vermutlich, dauert halt…Klar ist: Schlimmer kann es nicht werden.
Solche Workshops kann ich nicht machen, das ist so etwas wie ein Berufsethos, dass ich nichts verkaufe, was nicht wirkt. Und sogar das Gegenteil bewirken, was Kund:innen sich wünschen: Es wird in der Regel schlimmer. Man geht vielleicht beschwingt raus, denkt sich,
Ja geil, das ist das Licht am Ende des Tunnels.
Ihr beschäftigt euch mit euch selbst, dreht euch im Kreis. Am besten macht man dann noch regelmäßige Meetings aus, um darüber sprechen.
Wie es sich nach zwei Wochen anfühlt, kennt jede:r von euch. Es hat sich wieder mal nichts geändert. Wieder mal nicht…och menno.
Was man übrigens bei so ein- zwei-Tages-Trainings zu Unconscious Bias auch immer gut beobachten kann! Als würden Unternehmen damit diverser werden…es bewirkt vielleicht etwas Verständnis in Menschen, aber keine Unternehmen. Hierfür bedarf es struktureller und formaler Änderungen, weshalb Diversität ohne Führungsbeteiligung nie geht…und genau das sollte auch Ergebnis solcher Workshops sein: Ihr könnt eure Unconscious Biases nicht ablegen, sollt ihr auch gar nicht. Ihr müsst mit formeller Macht für Strukturen sorgen, dass es keine negativen Auswirkungen gibt und ein gleichberechtigtes Umfeld geschaffen wird. Das will nur niemand hören…weshalb ich in dem Bereich fast nicht mehr unterwegs bin und großen Respekt vor allen Kolleginnen und Kollegen habe, die hier weiter die dicken Bretter bohren.
Wie dem auch sei…der Prozess, den man mithilfe von Experten beginnt, tut dann meist auch noch weh. Man muss ja manchmal erstmal drauf drücken, um zu sehen, ob es da weh tut. Manchmal ist es auch wie Zwiebel schälen, eine Schicht nach der anderen…das dauert. In der Regel sind die Schmerzen auch nicht von heute auf morgen gekommen, woher kommt dann der Anspruch, dass sie mit einer Tablette verschwinden? Mit guter Ernährung und Training über die Zeit schon. Und die richtigen (!) Tabletten und Tropfen mit Vitaminen. 😉
Wenn es „so nicht weitergehen kann“, sich „irgendwas ändern muss“, dann kommen wir mit einem Workshop oder 2.000 Euro nicht weit.
Lasst die Expertinnen und Experten ihren Job tun und ihr macht eure: Produkte entwickeln, verkaufen, Projekte leiten, Geschäfte führen, programmieren… – und dann könnt ihr ihn bald endlich wieder so machen, wie es sollte: Mit größtmöglichem Nutzen für den Kunden und einem Unternehmen, das Umsatz macht und zukunftsfähig ist. So macht Arbeit Spaß.
Und hey…über Gesundheit & Ernährung spreche ich übrigens in Expertentalks auf Englisch und Deutsch – denn gesunde und fitte Menschen sind mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit erfolgreicher – und das dann definitv länger.